Urlaub ohne Koffer packen – Klangmeditation
Arbeitswut
Es ist Freitag, der 5. Januar. Ich bin noch im Urlaubsmodus denn ich habe mir Urlaub gegeben bis Ende der Woche. Da ich meine Ferien früher als geplant abbrechen musste bin ich schon wieder zuhause. Natürlich habe ich es mal wieder nicht geschafft nicht zu arbeiten. Nicht dass mir nix einfällt wie ich meine Zeit verbringen soll aber es warten schon wieder so viele spannende Projekte auf mich, da kann ich gar nicht anders. Wenn Du Solopreneurin bist kannst Du sicherlich auch ein Liedchen davon singen. Wie soll man denn mit seinem Angebot an den Kunden bis nach dem Urlaub warten, wenn man schon jetzt ganz hibbelig ist und es kaum abwarten kann zu starten?
Die Stimme meines Coaches dringt ganz leise zu mir durch „Tue Dir etwas Gutes bevor Du etwas tust.“ Yep Chef, mache ich doch. Auf Facebook habe ich eine Veranstaltung gesehen, die mir eine Kollegin schon letztes Jahr empfohlen hat. „Klangmeditation mit Markus Camenzind“. Perfekt, das kenne ich noch nicht. Bevor die Arbeitswut mich wieder überreden kann habe ich mich auch schon angemeldet.
Meistens kommt es anders und zweitens als Du denkst
Mit Decke, Meditationskissen und einer ordentlichen Portion Vorfreude im Gepäck fahre ich weit vor der Zeit los. Ich bin gern etwas früher da um mich einzustimmen und ein bisschen mit den Anderen zu quatschen. Na denkste. Stau und Parkplatzsuche reduzieren mein Einstimmungspolster gerade mal auf 10 Minuten. Na ja, trotzdem früh genug.
Gespannt betrete ich die Location. Ich stehe in einer Werkstatt. Ein traumhaftes Ambiente empfängt mich im Eingangsbereich und ich bin total geflasht. Erst mal sehe ich Herz. Kleine Herzen und riesig grosse Herzen empfangen mich und wollen von mir angeschaut werden. Sofort verspüre ich den Impuls selbst Hand anzulegen aber deshalb bin ich ja heute nicht hier. Ich bezahle meinen Beitrag an der Kasse – ein Hut der einlädt, den Beitrag hier zu deponieren – schon mal eine coole Idee.
Und schon stehe ich im Meditationsraum. Die meisten liegen schon entspannt auf ihren Yogamatten und ich checke – der Raum ist voll, sehr voll. Ich hatte gedacht wir sitzen alle auf Meditationskissen. Ich schaue mich um, ob ich mich noch irgendwo dazwischen quetschen kann und entdecke ein freies Plätzchen vor dem Umkleideraum. Nachdem ich es mir halbwegs auf meiner Decke bequem gemacht habe beginnt die Medi.
In den Weiten des Outback
Die tiefen und melodischen Klänge des Didgeridoo versetzen mich gleich in eine andere Welt. In Sekundenbruchteilen ziehen mich die Klänge hinein in ein inneres virtuelles Abenteuer. Ganze Filme ziehen an meinem inneren Auge vorbei. Ich spüre die Wärme der Sonne auf meiner Haut. Um mich herum Natur. Unendliche Weite. Warmer Wind hüllt mich in ein transparentes Kleid. Ich bin in Australien. Ich war noch nie dort aber jetzt gerade fühle ich mich direkt hinein platziert in die Schönheit Australiens, so wie ich sie von Fotos kenne. Ich atme im Rhythmus der Klänge. An einem lodernden Feuer sitzend, zusammen mit einer gemischten Gruppe Aborigines, lausche ich der Musik. Ich fühle mich geborgen, spüre die Weite der Natur. Ich bin nicht Zuschauerin, sondern Teil dieser Gemeinschaft. Es fühlt sich gut an, ja – wahnsinnig gut.
Heimat und Sommerfrische
Die Klänge gehen über in etwas Seidiges, Sanftes. Ist es eine Harfe? Ich weiss es nicht. Will auch gar nicht drüber nachdenken denn es ist völlig unwichtig. Ich atme tief ein und aus und lasse mich von den Klängen tragen. Ich will nicht analysieren was das ist, gebe mich einfach den feinen Schwingungen hin. Der Film wechselt. In frischer Lebendigkeit sprudelt glasklares Wasser über moosbedeckten Untergrund. Ich liege mit einem Kranz aus grünen Zweigen und weissen Blüten im Gras und schaue in den strahlend blauen Sommerhimmel. Ich bin vielleicht 7 oder 8 Jahre alt. Zusammen mit meinen Eltern laufe ich über eine duftende Blumenwiese. Lachend und von Lebensfreude erfüllt tanze ich ausgelassen im Kreis herum, pflücke Blumen, laufe zum Bach um von dem erfrischenden Wasser zu trinken. Es ist so krass. Ich sehe die Gesichter meiner Eltern direkt vor mir, ganz klar und deutlich.
Naturmandala im Eis
Szenenwechsel. Es klirrt sanft, leise ansteigend und sphärisch. Der Klang von hunderten von kleinen Glöckchen trägt mich in eine andere Szenerie. Weg von der grünen Wiese, hin zu einem zugefrorenen See und sanft vor sich hinträumender Natur. Es ist klar und sonnig um mich herum. Auf dem See breitet sich ein riesig grosses Naturmandala aus. Ich kenne dieses Bild, habe es vor vielen Jahren selbst gesehen, in Norddeutschland als ich dort einen Freund besucht habe. Ein von Mutter Natur filigran gezeichnetes Kunstwerk von übernatürlicher Schönheit auf der vereisten und von Schnee bedeckten Oberfläche. Jeder Klang nimmt in bezaubernder Intensität Gestalt an. Winzige glitzernde Eiskristalle, die sich fortwährend in das Mandala hineinweben. Es ist vollkommen. Einzigartig. Genauso wie wir, jeder in seiner ganz individuellen Vielfalt. Ein überwältigendes Erlebnis. Ich nehme diese Eindrücke jetzt und hier viel intensiver wahr als damals, als es direkt vor mir lag. Obwohl ich zu der Zeit selbst solche Naturmandalas gestaltet habe. Inspiriert hat mich damals das Buch von Andy Goldsworthy. Leider gab es damals noch kein Smartphone, ich habe meine Kunstwerke nie fotografiert.
Weihnachtsbaum
Mein Film wechselt in eine Weihnachts-Szene. Meine Ma und ich schmücken den Weihnachtsbaum. Wir hatten damals so kleine silberne Glöckchen mit filigranem Schneedekor. Ich habe diese Dinger als Kind geliebt, weil sie so fein und zart waren. Nun sehe ich diese Glöckchen klar und deutlich. Sie bewegen sich sanft und spielen eine bezaubernde Melodie, die mich lächeln lässt. Ich spüre Geborgenheit, Familie, Zuhause sein.
Foto: thailandlover123 / Pixabay
Coconut Beach Koh Phangan
Plötzlich verändern sich die Klänge. Ich weiss nicht was das für ein geiles Instrument ist, das mich vom Weihnachtsbaum direkt an den Coconut Beach von Koh Phangan spült. Es flüstert mir die traumhafte Melodie von Meeresrauschen ins Ohr. Ich liege genüsslich im Sand und fühle, wie die Wellen kraftvoll an den Strand rollen und sich sanft wieder in ihr Bett zurückziehen. Palmen zeichnen ihr filigranes Muster auf den feinkörnigen Sand. Ruhe. Einfach das Dolce Far Niente geniessen. Ein leichter erfrischender Wind streicht sanft über meine von der Sonne erwärmte Haut. Das beruhigende Spiel und der Klang der Wellen, die sich in ihrer gewohnten Art und Weise bewegen, erzeugt in mir ein Gefühl von Angekommen sein.
Zuhause mit Freunden
Noch träumend im Sand liegend tragen mich die verändernden Klänge langsam hinüber in meinen Liebligspub in meiner Heimat. Ich sitze lachend mit meinen englischen Freunden zusammen und lausche der Musik. John spielt Gitarre, wie jedes Wochenende. Er versteht es wie kein anderer die Leute mit seinem Spiel und seiner Stimme zu faszinieren. Aus dem Gefühl heraus entstanden damals unzählige Songs und unvergessliche Momente, die noch heute in meinem Herzen präsent sind. Durch diese wunderschöne Klangmeditation bahnten sie sich ihren Weg an die Oberfläche.
Es erklingt ein leicht schwingender Gong. Ganz langsam verlasse ich den Pub und komme wieder in die Realität zurück. Ich öffne meine Augen. Traumhaft war sie, diese spannende Reise.
Einfach überraschen lassen
Ohne Erwartungen bin ich hierhergekommen. Meine niemals endende Neugierde auf Neues hat mich geführt. Wow! Was für ein Erlebnis. Ohne meine Koffer packen zu müssen bin ich mal eben an verschiedene Orte gereist und habe Wunderbares erlebt. Ich fühle mich grossartig. Vielen Dank lieber Markus.
Herzlich
Monika
© Monika Obrist, textgarten.ch
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